Den digitalen Schweinehund überwinden
Spätestens seit Ende 2022 ist Künstliche Intelligenz nicht mehr Zukunftsmusik, sondern Werkzeug: Text- und Bildgeneratoren unterstützen beim Recherchieren, Zusammenfassen, Prototypen bauen. In der Verwaltung sortieren Algorithmen Anfragen, in der Industrie prüfen Kameras Qualitätsmerkmale, im Kundenservice helfen Assistenten beim Antworten. Die Folge ist weniger ein großer Sprung als viele kleine Verschiebungen: Rollen verändern sich, Abläufe werden schneller und Entscheidungen brauchen plötzlich Daten und Modelle, nicht nur Bauchgefühl. IT-Abteilungen sind dadurch nicht mehr nur die „Leute vom Drucker“, sondern Partner für Produkte, Daten und Sicherheit. Genau in dieser neuen Normalität melden sich zwei Kräfte zugleich: Neugier und Unbehagen.

Den digitalen Schweinehund überwinden
Mut in Zeiten des KI-Wandels
Wer bei neuen Tools erst einmal die Stirn runzelt, reagiert nicht irrational. Angst zeigt an, dass etwas auf dem Spiel steht. Mag es Kontrolle, Kompetenz oder vielleicht auch der Status sein. Diese Emotion hat einen Sinn, denn sie lässt uns genauer hinschauen: Wo liegen Risiken? Was bedeutet das für meinen Job? Kann ich das lernen? Entscheidend ist, was wir aus diesem Signal machen. Wird Angst zum Bremsklotz, verkrampfen Teams und verstecken sich hinter Ausreden. Wird sie zum Weckruf, entsteht Energie: Wir sortieren, priorisieren, probieren aus und gewinnen Sicherheit zurück. Keiner möchte, dass sensible Daten in falsche Hände geraten oder dass eine „Black Box“ Entscheidungen trifft, die niemand erklären kann. Automatisierungen können Aufgaben erleichtern, aber sie stellt auch den eigenen Beitrag, zumindest gefühlt, infrage. Tools, Abkürzungen, neue Oberflächen – vieles wirkt, als würde es schneller wechseln, als man lernen kann. Diese Mischung aus Sicherheitsfragen, Job-Sorgen oder Überforderung ist der Kern des inneren Schweinehunds.
Wie digitaler Fortschritt IT-Abteilungen revolutioniert
Die IT rutscht von der reinen Betriebs- in die Gestalterrolle. Statt „Projekt abschließen und abhaken“ zählt kontinuierliche Lieferung: kleine Updates, schnelle Iterationen, verlässlicher Betrieb. Sicherheit und Datenschutz wandern in den Alltag der Entwicklung. Gleichzeitig wird die IT zur Möglichmacherin: Sie eröffnet sichere Spielwiesen, kuratiert Werkzeuge, schult Kolleginnen und Kollegen in Daten- und KI-Grundlagen. In vielen Häusern entstehen Produkt- und Plattformteams, die gemeinsam mit den Fachbereichen Lösungen bauen und betreuen. Das wirkt unspektakulär, ist aber die eigentliche Transformation. Der Weg aus der Skepsis beginnt selten mit großen Reden, sondern mit sichtbarem Nutzen. Wenn ein Team erlebt, dass ein Assistent Entwürfe in Minuten sortiert, dass eine Texterin mit KI schneller zum ersten Rohling kommt oder dass Fehlerquoten messbar sinken, schrumpft der Widerstand. Transparenz hilft: Wofür setzen wir das Tool ein und wofür nicht? Welche Daten bleiben tabu? Wer trägt die Verantwortung, wenn etwas schiefgeht? Ebenso wichtig ist Lernen in kleinen Happen. Kurze Sessions zu Datenkompetenz, Sicherheit und „Wie frage ich ein Modell so, dass Gutes herauskommt?“. Und es braucht ebenfalls Orte, an denen man gefahrlos probieren darf.
Arbeit bleibt, doch sie sieht anders aus
Die spannendste Veränderung ist selten „Job weg“, sondern „Job im Wandel“. Routine schrumpft, dafür wächst Koordination, Qualitätssicherung, Kommunikation. Es entstehen Aufgaben, die es zuvor nicht gab: Modelle überwachen, Eingaben prüfen, Ergebnisse erklären, Risiken dokumentieren. Wer das offen anspricht, nimmt Druck aus der Debatte. Eine ehrliche Roadmap über automatisierte Tätigkeiten und die neuen Rollen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verhindert die Gerüchteküche und gibt Richtung. Wenn feststeht, welche Daten wohin dürfen, wer worauf zugreift und wie Entscheidungen eines Modells nachvollziehbar bleiben, gewinnt das ganze Haus an Selbstvertrauen. Gute Sicherheitsarbeit wirkt dann nicht wie ein Maulkorb, sondern wie ein Kletterseil: Man traut sich mehr, weil man gesichert ist. Das gilt technisch und kulturell. Fehler dürfen passieren, solange sie sichtbar werden und man daraus lernt.
Digitale Transformation benötigt Führung, die übersetzt
In Umbruchphasen sind Führungskräfte vor allem Übersetzerinnen und Übersetzer. Sie erklären, warum etwas wichtig ist, machen Tempo verständlich und setzen Grenzen, wenn es zu viel wird. Vor allem schaffen sie psychologische Sicherheit. Es ist erlaubt, Fragen zu stellen. Es ist gewollt, Einwände vorzubringen und es ist Pflicht, Ergebnisse offen zu zeigen, auch wenn sie noch nicht perfekt sind. So entsteht die Lernkultur, die Digitalisierung überhaupt erst tragfähig macht. Der innere Widerstand verschwindet nicht aber er ändert die Richtung. Wenn Nutzen spürbar, Risiken beherrschbar und Wege zum Mitmachen offen sind, wird aus Angst Antrieb. Genau das ist der Punkt, an dem Digitalisierung nicht über Menschen hinwegrollt, sondern mit ihnen Fahrt aufnimmt. Der digitale Wandel ist kein Sprint, sondern ein Training. Wer regelmäßig kleine Fortschritte macht, wer Erfolg sichtbar misst und wer Schutzmechanismen zeigt, gewinnt Vertrauen. Als Team, als Unternehmen und als einzelne Person. IT-Abteilungen, die Enablement, Sicherheit und klare Stories verbinden, helfen dabei, den „Schweinehund“ nicht zu bekämpfen, sondern zu nutzen. Denn am Ende ist Veränderung nicht das Problem. Das Problem ist, sie ohne uns zu gestalten.

