ePA für alle
Die Vestische Kinder- und Jugendklinik Datteln zeigt: Die ePA entlastet Kliniken und stärkt Patienten. CDO Daniela Aufermann im Interview über Chancen und Erfahrungen mit der ePA für alle.
Ab dem 1. Oktober 2025 ist die elektronische Patientenakte (ePA) auch für Krankenhäuser verpflichtend. RZV-Kunde Vestische Kinder- und Jugendklinik Datteln ist bereits seit Juli mit der „ePA für alle“ am Start. Das Projekt zeigt, dass die ePA für alle nicht nur eine gesetzliche Pflicht ist, sondern echten Mehrwert bringt – für Patientinnen, Patienten und für die Klinik. Mit engagierten Mitarbeitenden, einem starken Partner wie RZV und klarer Vision gelingt die Digitalisierung Schritt für Schritt. Daniela Aufermann, Chief Digital Officer der Klinik, berichtet im Gespräch mit dem RZV-Journal über die Erfahrungen der ersten Wochen, die Rolle von RZV und ihre Wünsche für die digitale Zukunft.
Frau Aufermann, Ihre Klinik ist Pilotkrankenhaus für die „ePA für alle“. Seit wann arbeiten Sie mit dem neuen Verfahren?
Technisch verfügbar ist die ePA bei uns seit Juli 2025. Gestartet wären wir allerdings gerne früher. Der Start war an die Aktualität anderer Module unseres Krankenhausinformationssystems gekoppelt – konkret an ein Update des Medikationsmoduls, das zunächst installiert, freigegeben und für das unsere Mitarbeitenden geschult werden mussten. Sobald wir die neue Version hatten, konnten wir die ePA nutzen. Grundsätzlich sind wir schon seit drei Jahren bereit für die ePA, weil wir zuvor ein Forschungsprojekt durchgeführt haben, in welchem die Befüllung der ePA essentieller Bestandteil war.
Sie persönlich nutzen Ihre persönliche ePA bereits seit der ersten Stunde. Was motiviert Sie, hier eine Vorreiterrolle einzunehmen?
Ich bin überzeugt, dass jede und jeder Zugang zu den eigenen Gesundheitsdaten haben sollte. Ich selbst habe mir bereits am 1.1.2021 die erste Version der ePA anlegen lassen – und damit erlebt, wie überfordert damals noch viele Akteure waren. Meine Motivation dafür geht aber noch weiter zurück: Schon im Medizininformatik-Studium vor 20 Jahren hieß es, „da kommt bald etwas Großes“. Seitdem hat mich das Thema nicht losgelassen. Erfahrungen aus anderen Ländern zeigen, wie sehr Patientinnen und Patienten profitieren können, wenn Informationen jederzeit verfügbar sind.
Wo sehen Sie den größten Nutzen der ePA – für Patientinnen und Patienten, aber auch für Ihre Klinik?
Für die Patientinnen und Patienten bedeutet die ePA Transparenz und Nachvollziehbarkeit. Medikamente, Überweisungen oder Befunde sind zentral verfügbar, das spart Zeit und verhindert Fehler. Die ePA ist auch deshalb wichtig, weil Ärzte und Ärztinnen heute kaum Zeit mehr haben, um wirklich auf den gesamten Menschen zu gucken, der mit einer Erkrankung zu ihnen kommt. So müssen wir selbst dafür sorgen, alles parat zu haben, damit unser Behandler den Kontext einbeziehen kann.
Für uns als Klinik ist es eine echte Entlastung, wenn wir nicht hinter Befunden her telefonieren müssen. Am größten wäre der Nutzen, wenn wir die Daten bereits vor einer stationären Aufnahme einsehen könnten. Dann könnten wir uns besser vorbereiten – medizinisch und organisatorisch.
„Wir haben zwei Abteilungen als Pilotbereiche intensiv informiert, für alle – also Klinikweit – gibt es eine Intranetseite und regelmäßige Newsletter. Mir war es wichtig, Promoter im Haus zu gewinnen, die das Thema aktiv weitertragen – auch in ihre Familien oder ins Gespräch mit Patientinnen und Patienten.“
Die Einführung war kein „Plug-and-Play“. Welche Herausforderungen mussten Sie bewältigen?
Verzögerungen sind natürlich immer eine Herausforderung. Die Anwendenden warten, aber es kommt nichts oder funktioniert nicht. Doch das kennen wir aus anderen Digitalisierungsprojekten. Wichtig ist, professionelles Changemanagement zu betreiben und Erwartungen realistisch zu steuern, die Vorteile immer wieder sichtbar zu machen und nah an den Anbietern zu bleiben. Ein kleines, aber kurioses Beispiel im ePA-Einführungskontext war, dass ein Word-Symbol die technische PDF/A-Erstellung für Arztbriefe blockierte – etwas, das niemand vorhersehen konnte. Solche Hürden gehören dazu.
Welche Rolle spielte RZV bei der Umsetzung?
RZV war von Anfang an unser erster Ansprechpartner und hat die Abstimmungen mit unserem KIS-Anbieter Meierhofer organisiert. Das Projekt war für alle Neuland, wir mussten uns gemeinsam an viele Themen herantasten. Ein kritischer Moment war, als Meierhofer die Systemanforderungen immer weiter erhöhte. Ständige Updates wären für uns kaum machbar gewesen. RZV hat hier eine pragmatische Lösung gefunden: Wir konnten Fehler, die Meierhofer zuvor mit einem anderen Pilothaus erkannt hatte, über Einzeldateien beheben, ohne direkt das nächste M-KIS Update einzuspielen. Das war eine große Hilfe.
Ihre Klinik hat die Mitarbeitenden frühzeitig eingebunden. Wie wichtig war dieser Schritt?
Das ist entscheidend. Ohne Einbindung fehlt am Ende die Akzeptanz. Wir haben zwei Abteilungen als Pilotbereiche intensiv informiert, für alle – also Klinikweit – gibt es eine Intranetseite und regelmäßige Newsletter. Mir war es wichtig, Promoter im Haus zu gewinnen, die das Thema aktiv weitertragen – auch in ihre Familien oder ins Gespräch mit Patientinnen und Patienten.
Ab 1. Oktober ist die ePA bundesweit Pflicht. Welche Tipps geben Sie anderen Kliniken, die jetzt noch starten?
Unbedingt sofort das Modul beauftragen und Installationstermine sichern. Je eher getestet werden kann, desto besser. Gleichzeitig sollten die Mitarbeitenden informiert werden – nicht nur über die Technik, sondern auch über die Vision: Warum machen wir das, was bringt es uns und was sind die nächsten Schritte? Auch die Abgrenzung zur institutseigenen ePA muss klar sein, damit keine Missverständnisse entstehen.
Wenn Sie eine Wunschliste formulieren dürften – an Politik, IT-Partner oder Klinikleitungen: Was müsste passieren, damit eHealth gelingt?
Wir brauchen weniger Selbstbeschäftigung in der Selbstverwaltung und mehr Blick aufs Ganze. Digitalisierung gelingt nur gemeinsam – Politik, Industrie, Kliniken und IT-Partner. Verpflichtungen allein helfen nicht, wenn die Hersteller keine Lösungen rechtzeitig liefern können. Und generell wünsche ich mir ein zentraleres Denken im Gesundheitswesen – im Sinne der Menschen, nicht einzelner Institutionen.
Zum Abschluss: Gab es in diesem Projekt etwas, das Sie persönlich überrascht hat?
Ja, und zwar positiv: Es gibt immer noch viele Unterstützerinnen und Unterstützer, die dieses Thema vorantreiben – obwohl es seit 20 Jahren auf der Agenda steht. Das zeigt, dass die Motivation da ist, das Gesundheitswesen wirklich zu verändern
©Bild: Daniel Aufermann Chief Digital Officer der Vestischen Kinder- und Jugendklinik Datteln
Die Vestische Caritas-Kliniken GmbH ist ein Zusammenschluss von vier Häusern im Ostvest und Kreis Coesfeld. Mit dem St. Vincenz-Krankenhaus in Datteln, dem St.-Laurentius-Stift in Waltrop, der Kinderheilstätte Nordkirchen und der Vestischen Kinder- und Jugendklinik Datteln deckt die Gesellschaft die Bereiche Gesundheitsfürsorge, Psychiatrie, Altenhilfe, Kinder- und Jugendmedizin und Behindertenhilfe ab. Die Vestischen Caritas-Kliniken haben außerdem Beteiligungen am St.-Marien-Hospital in Lüdinghausen sowie der Vestischen Caritas-Altenhilfe, die in Datteln und Waltrop Wohnraum und Pflege für alte Menschen anbietet. Rund 3.300 Mitarbeitende sind in der VCK beschäftigt.






